Tue Jul 15
Historischer Ortsspaziergang zum ‚Salacher Industriedreieck‘: „Von Auf- und Niedergang, Stolz und Wut, Weltgeltung und lokaler Verankerung“
2025-07-15
HaiPress
Wieder ein reges Interesse an der SPD-Reihe zum 750er-Jubiläum – „Schachenmayr,Papierfabrik und Neuburger waren die drei großen Betriebe,welche mit ihren Kaminen und mächtigen Fassaden nach und nach das Gesicht der Industriegemeinde Salach seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts prägten. Auch wenn sie heute nicht mehr existieren,sind sie mehr als Erinnerung. Sie sind Vermächtnis für eine auch künftig starke industrielle Substanz Salachs!“
So kündigte der AK Ortsgeschichte der Salacher SPD den zweiten historischen Ortsspaziergang am vergangenen Freitagnachmittag an. Und erneut folgten knapp über 30 Interessierte der Einladung,lauschten an den Schauplätzen spannenden Geschichten und tauschten manches ‚weißt du noch?‘ aus.
Die Papierfabrik …
Bei der ersten Station erläuterte Matthias Fuhrer,einstmals Elektriker bei der Papierfabrik und dort das,was man heute einen ‚Facility Manager‘ nennt. Er lieferte eine packende und detailtreue Geschichte der letzten Jahrzehnte des sich zwischen Fils und Bahnlinie erstreckenden Betriebes. Da schwang selbstbewusster Stolz mit: Die auf 250.000 to Papier ausgelegten Maschinen,die schiere Größe der Anlage,die ‚rote Lampe‘ bei Stillstand,die wechselnden Varianten der Papierproduktion in Farbe und Beschaffenheit,der hohe tägliche Wasserdurchsatz ( „Menge einer 50.000-Einwohner-Stadt“ ),die verkraftbaren Lohn- aber hohen Energiekosten – und „das Super-Team“. Dann kam im 160. Jahr das Aus der zuletzt zur Cordier-Gruppe gehörenden Fabrik. Manche der Teilnehmer am Spaziergang hatten daran persönliche Erinnerungen und fragen auch heute nach dem ‚Wie und Warum‘. Denn die vom Insolvenzverwalter an die Firma Karl verkaufte Firma,dürfte mit der nach Indien verkauften Papiermaschine und dem Restwert der Anlage seinen Aufkäufern eine ‚goldene Nase‘ gebracht haben. Das Areal liegt seit Jahren brach,geht nun aber von der Emag in den Besitz von Leonhard Weiss über und wird eine gewichtige Rolle im Konzern einnehmen.
Der Schachenmayr…
Durch die Friedrich- und Eduardstraße führte dann Peter Hofelich zum Schachenmayr. Unterwegs die Erinnerungen an die zahlreichen Geschäfte entlang des Weges,welche nicht zuletzt von den Familieneinkommen der Fabrikarbeiter lebten. 1768 errichtete Kommerzienrat Duncker eine ‚Taback- und Grapp-Fabrique‘. Diese geht 1805 in eine Baumwollspinnerei über,Die Besitzernamen gehen,auch durch verwandtschaftliche Bande,in Kolb,dann Schachenmayr und seit 1871 auf Bareiss über. Die Beschäftigtenzahlen steigen kontinuierlich,klettern 1907 über 1000,erreichen in der Nachkriegszeit mit Zweigwerken in Bietigheim und Tauberbischofsheim die 3000 und das ‚vom Bareiss‘ geleitete Unternehmen gehört zur Spitze der europäischen Kammgarnspinnereien. Unterstützt von Ortsarchivar Alexander Gaugele schilderte Hofelich Gebäude und Geschichten. Auch ein Blick ins Innere einer Werkhalle war möglich und rief Staunen hervor. Die von den Gemeinderäten der SPD geschilderten Pläne zur Neugestaltung des Areals fanden reges Interesse. Die ‚schwarze Fahne‘,welche beim traurigen und wütenden Ende der Produktion 1988 vom Kamin wehte,wäre dann nicht umsonst gewesen.
Der Neuburger …
Dritte und letzte Station dann die neue Ortsmitte,die frühere Heimat der Firma Neuburger. Werner Staudenmayer hatte sich genauestens vorbereitet. Hümeyra Mrazic hatte für anschauliche Bilder gesorgt. Der Gemeinderat erzählte von den Anfängen 1855 der Tuchfabrik Borst,und dem Übergang zu Borst’s Erben um Max Neuburger aus Ulm. Die einzige jüdische Familie im Ort verlor 1938 die Fabrik durch ‚Zwangs-Arisierung‘ und konnte noch nach New York auswandern. Von dort aus übernahmen sie nach dem Ende der Nazi-Diktatur wieder ihr Eigentum. Die Kunstlederproduktion gewann an Bedeutung. Die mitten im Ort mit Schornstein,Kohlebunker,Mühlkanal und Produktionsgebäuden dominante Firma ging dann als Zweigwerk an die Eislinger Kaliko bzw ‚Conti AG‘. Bereits 1970 kaufte die Gemeinde das Areal als Flächenreserve und im Übergang zu den 80ern entstand die ‚neue Mitte‘ mit Marktplatz,Wohnungen,Geschäften und einem Anlagensee.
Der Rundgang hinterließ begeisterte Besucher,von denen sich einige noch hernach im ‚Hasenheim‘ gemütlich und mit viel Gesprächen zusammen setzten. Ein besonderer Nachmittag für ein Salach im 750. nachgewiesenen Jahr seines Bestehens,das ganz wesentlich von den letzten 250 Jahren industrieller Entwicklung geprägt ist und dieser Arbeit,Auskommen,Sozialeinrichtungen und Strahlkraft verdankt.
PM SPD Salach